Informationspool IRMA I
"Multifunktionale Entwicklung von Überschwemmungsauen"
Solidarität am Fluss
Hochwasserschutz ist notwendig und tut doch weh. So zumindest empfinden es die Anlieger am Rhein oder an anderen großen Flüssen, wenn vor Ihrer Haustür die notwendigen Hochwasserschutzmaßnahmen ergriffen werden.
Immer wieder stoßen Planung und Ausweisung von Überschwemmungsräumen in den Flussauen vor Ort auf Widerstand. Befürchtungen werden laut, die "neuen Auen" könnten an Wert verlieren und würden dem Menschen keinen Nutzen mehr bringen. Auch wenn unbestritten ist, dass die Menschen entlang eines großen Flusses eine Solidargemeinschaft bilden und der Oberlieger vorrangig den Unterlieger schützen muss, wird doch die Frage gestellt: "Was habe ich davon mit meinem Unterlieger solidarisch zu sein? Warum muss ich Flächen aufgeben, ohne dass ich eine Gegenleistung erhalte?". Verständlich erscheinen diese Sorgen und Ängste, wenn mit den Rheinauen nur die Begriffe Hochwassergefahr, Sumpf, Brenneseln und Schnaken in Verbindung gebracht werden können.
Doch dies geht auch anders. Die Rheinauen haben viel zu bieten, setzt man sie nur ins rechte Licht. Da gibt es urwaldähnliche Wälder, lauschige Plätze und eine Vielfalt unterschiedlichster Gewässer. Dazu gesellen sich Dörfer, die ihre Wurzeln oftmals der Fischerei oder Schifffahrt verdanken und die sich häufig ein Erscheinungsbild bewahrt haben, das symbolisch steht für Heimat und Nähe zur Natur. Eine große Anzahl an Baggerseen sowie ein teilweise schon beachtliches Radwegenetz bilden weitere Bausteine für eine sanfte naturnahe touristische Nutzung.
Vor dem Hintergrund der ständig steigenden Bedeutung von Naherholung für uns selbst und unsere Gäste könnten mit den Rheinauen also durchaus respektable Werte erwirtschaftet werden.
Wie Hochwasserschutz, Naturschutz, Naherholung, Land- und Forstwirtschaft in den Auen neben- und miteinander existieren könne, zeigt das rheinland-pfälzische IRMA-Projekt "Leben am Strom - Multi-funktionale Entwicklung von Überschwemmungsauen".
IRMA steht dabei für die Interreg-Rhein-Maas-Aktivitäten der Europäischen Union. Deren Ziel ist die Förderung des Solidaritätsgedankens der Anlieger an den großen europäischen Strömen Rhein und Maas und damit die Verbesserung der internationalen Zusammenarbeit bei der Verringerung des Hochwasserrisikos.
Die Niederlande, Luxemburg, Flandern und Wallonien, Frankreich, Deutschland und die Schweiz ma-chen bei IRMA mit, 419 Millionen Euro werden investiert. Deutschland beteiligt sich mit 49 Projekten. Wir in Rheinland-Pfalz sind zehnmal dabei, wobei zwei Projekte grenzüberschreitend mit Luxemburg durchgeführt werden.
Hochwasserschutz, Naturschutz und Erholung - alles unter einem Hut?
Hochwasserrückhalt, Naturschutz und Naherholung in faszinierender Landschaft mit hohem Erlebniswert ist kein Widerspruch, sondern hie und da bereits gelebte Realität. Der naturnahe, am Standort orientierte Waldbau und die auf den vorhandenen Strukturen aufbauende Landwirtschaft bieten Lebensräume und helfen die hierfür notwendigen Landschaftskulissen zu erhalten.
Es beginnt vor Ort
Die besten Erfolgsaussichten für erfolgreiches und nachhaltiges Leben am Strom bestehen dann, wenn vor Ort der Wunsch reift, die Rheinauenentwicklung ein Stück weit selbst in die Hand zu nehmen. Wird der Anlieger zum Akteur, führt dies automatisch zu hoher Akzeptanz in der Region.
Viele Projekte haben schon gezeigt, dass sie dann besonders gut laufen, wenn ein "Macher" vor Ort, der glaubwürdig und authentisch für die jeweiligen Entwicklungsabsichten einstehen kann, die treibende Kraft bildet. Aber natürlich soll jeder, der will, auch mitreden können. Je mehr Menschen über die Zukunft ihrer Heimat diskutieren, desto besser.
Bausteine
Eine schöne Landschaft alleine reicht nicht aus, da muss schon noch ein wenig mehr zusammen kommen. Die Rheinaue aber, in der die gestaltende und manchmal zerstörerische Kraft der Natur noch hautnah erlebt werden kann und die ihr Gesicht bei jedem Hochwasser verändert, hat ihren eigenen Reiz. Wälder und Gewässer als Lebensräume für eine Vielzahl von seltenen Tier- und Pflanzenarten bilden weitere Highlights. Wer einmal einen Eisvogel beobachten konnte oder aber auch das Auenfroschkonzert live erlebt hat, wird sich erinnern und gerne wiederkommen. Dabei müssen es nicht immer gleich die großen Projekte sein. Vieles spricht dafür, erst einmal mit einzelnen überschaubaren Ideen anzufangen und auf den dabei gewonnen Erfahrungen später aufzubauen.
Viele verschiedene Bausteine sind denkbar, um eine nachhaltige Entwicklung der Rheinauen erreichen zu können. Ob und in welchem Umfang sich einzelne Gemeinden engagieren wollen, bleibt ganz ihnen überlassen. Das Land Rheinland-Pfalz bietet jedoch seine Partnerschaft an, wenn es darum geht "Leben am Strom" voranzutreiben.
Als erster Ansprechpartner hierfür steht Ihnen das Landesamt für Wasserwirtschaft Rheinland-Pfalz, Herr Ralf Schernikau (Tel.: 06131/630168), zur Verfügung.